Gespeichert von nearbees am Fr., 18.03.2022 - 12:48

Das Insektensterben - Fakten, Ursachen & was Du tun kannst

Die Artenvielfalt ist in Gefahr: Hierzulande gibt es immer weniger Insekten. Das hat dramatische Folgen für unsere Umwelt.

Marienkäfer

Ohne Bestäuber keine Vielfalt - die Bedeutung von Insektenschutz

Sei es das Volksbegehren Artenvielfalt oder die Krefelder Studie 2017 - das Insektensterben ist längst in der Gesellschaft angekommen. Mittlerweile wissen wir: Allein in den letzten 30 Jahren ist die Biomasse der Fluginsekten in Deutschland um über 75 Prozent zurückgegangen. 
Doch die Bestände nehmen schon seit den 1950ern ab. Experten gehen sogar davon aus, dass das Insektensterben bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts zu beobachten ist. So nimmt der Rückgang der Fluginsekten, den die Krefelder Studie seit 1989 feststellen konnte, ein noch viel dramatischeres Ausmaß an: Im Vergleich zum Ende der 80er haben wir drei Viertel weniger Biomasse an Insekten. Dementsprechend muss der Rückgang seit Anfang des 20. Jahrhunderts sehr viel stärker sein. 
Durch das Insektensterben verlieren wir aber weit mehr als nur Vielfalt in unserer Natur: Insekten sind die Grundlage eines funktionierenden Ökosystems. Sowohl Pflanzen als auch andere Tiere wie Vögel, Säugetiere oder Reptilien sind maßgeblich auf sie angewiesen. Nicht zuletzt sind auch wir Menschen betroffen: Rund ein Drittel unserer Lebensmittel hängt von der Bestäubung durch Insekten ab. So ist das Artensterben für jeden Einzelnen von uns eine Herausforderung, der wir uns gemeinsam stellen müssen.

Ursachen für das Insektensterben

Mehr Platz für Städte & Landwirtschaft

Die Gründe für das Insektensterben sind vielfältig, haben jedoch eines gemeinsam: Sie alle gehen vom Menschen aus. Ein Beispiel dafür ist der Wandel in der Landnutzung. Siedlungen, Straßen oder Landwirtschaft brauchen seit den 1950ern immer mehr Platz, weshalb Landschaften wie Moore, Heiden oder Dünen weichen mussten. Die Lebensräume für Flora und Fauna werden kleiner und immer weniger.

Das Streben nach maximalen Erträgen

Eine weitere Ursache für das Insektensterben liegt in der intensiven Landwirtschaft, die sich in Deutschland - wie auch in vielen anderen Teilen Europas - durchgesetzt hat. Im Mittelpunkt liegt hierbei das Bemühen, die Erträge auf ein Maximum zu steigern. Neben der Vergrößerung der Anbauflächen wurden auch traditionelle Landschaftselemente wie Hecken oder Steinmauern zugunsten  einer effizienteren Bewirtschaftung entfernt. Genau dadurch verloren viele Insekten wichtige Brutplätze, sodass ihre Zahl zurückging und manche Arten heute sogar gefährdet sind.

Landwirtschaftliche Maschine auf einem Feld

Um die Erträge weiter zu steigern wurden auch immer mehr Pestizide und Düngemittel eingesetzt. Diese jedoch führten zu vermehrten Stickstoffablagerungen, die das bestehende Ökosystem veränderten. Pflanzen wuchsen in der Folge dichter und höher, sodass offene Bodenflächen für die Eiablage fehlten und die Pflanzenvielfalt sank. Das ist auch nicht verwunderlich, denn für eine effiziente und wettbewerbsfähige Landwirtschaft ist es wichtig, dass hauptsächlich die angebaute Feldfrucht wächst. Diese Monokulturen führten aber dazu, dass viele Insekten weniger Nahrung fanden.

Das Bienensterben

Das Bienensterben und seine Folgen

Mehr erfahren

Klimawandel & Globalisierung

Die Temperaturen steigen, die Menge und Verteilung des Niederschlags ändert sich und Extremereignisse wie Überschwemmungen oder Brände werden immer häufiger  - der Klimawandel hinterlässt deutliche Spuren. Viele Insektenarten sind auf diese geänderten Spielregeln nicht eingestellt und können unter den neuen Bedingungen nicht überleben. Es gibt aber auch Gewinner: Libellen und Heuschrecken fühlen sich im veränderten Klima besonders wohl.
Auch die Globalisierung ist nicht spurlos an der Natur vorübergegangen: Durch den weltweiten Handel kommen nicht nur viele verschiedene Produkte zu uns, sondern auch neue Pflanzen und Tiere, sogenannte Neobiota. Einige der eingeschleppten Arten sind invasiv - das heißt sie verdrängen die heimische Flora und Fauna. Gleichzeitig kommen außerdem neue Parasiten und Krankheiten in unsere Breiten. Die Varroamilbe beispielsweise stammt ursprünglich aus Asien, ist aber seit den 1970ern zu einer der größten Bedrohungen für die Honigbiene geworden.

Forschung & Aussterbeschuld

Ob Klimawandel, wachsender Flächenbedarf oder die Intensivierung der Landwirtschaft - sie alle wirken auf die Balance unseres Ökosystems ein und verändern sie nachhaltig. Selbst für Experten ist es beizeiten schwierig, die Ursachen für den Rückgang einer bestimmten Art herauszufinden. Eine Schwierigkeit dabei ist auch die sogenannte Aussterbeschuld: Haben sich die Lebensbedingungen verschlechtert, verschwinden manche Arten nicht sofort sondern erst deutliche später. Das kann dazu führen, dass Ursachen nicht erkannt oder falsch eingeordnet werden.

Weniger Bestäuber, weniger Vielfalt - die Auswirkungen des Insektensterbens

Schmetterling, Biene & Co: Der Wert der Bestäuber

Im Ökosystem hat jedes Insekt eine wichtige Aufgabe. Eine davon ist die Bestäubung verschiedener Pflanzen - dafür sind besonders Honig- und Wildbienen von Bedeutung, aber auch Schwebfliegen, Schmetterlinge oder einige Käferarten sind mit von der Partie. Die Bestäubung von Pflanzen sorgt aber nicht nur dafür, dass unsere Natur bunt bleibt, sondern auch dafür, dass unsere Supermarktregale voll bleiben. Rund ein Drittel unserer Lebensmittel ist auf Fremdbestäubung durch Insekten angewiesen und allein die Leistung der Honigbiene wird in Deutschland auf etwa zwei Milliarden Euro geschätzt. So hat das Insektensterben auch wirtschaftliche Auswirkungen.

Die Bedeutung der Biene

Die Bedeutung der Biene

Mehr erfahren

Rotkehlchen mit einem Käfer im Schnabel

Fressen und gefressen werden: Die Rolle des Insekts in der Nahrungskette

Verschwinden die Insekten, hat das auch Auswirkungen auf andere Tiere, die in der Nahrungskette über ihnen stehen: Vögel, Reptilien, aber auch Säugetiere wie Fledermäuse finden ohne sie weniger Nahrung. Ein Rückgang dieser Arten ist somit auch immer ein Zeichen des Insektensterbens. 
Doch Insekten werden nicht nur gefressen - manche von ihnen parasitieren oder fressen auch Artgenossen. So kann es auch dazu kommen, dass sich manche Insektenarten unkontrolliert vermehren, was bei Schädlingen durchaus zum Problem werden kann. Für viele Landwirte bedeutet das, dass sie noch mehr Pestizide einsetzen müssen, sodass ein ewiger Kreislauf entsteht.

Schlüsselfaktoren und Maßnahmen für artenreiche Landschaften

Für Insekten gilt in der Regel: Je vielfältiger ihr Lebensraum, desto wohler fühlen sie sich. Viele von ihnen benötigen beispielsweise Pflanzen als Nektar- oder Pollenquellen, aber auch als Wirtspflanzen für ihren Nachwuchs. Bei einer hohen Pflanzenvielfalt ist auch die Diversität der Insekten höher, wie Forscher herausfinden konnten. Doch nicht nur die Flora spielt eine wichtige Rolle für den Artenreichtum einer Landschaft. 

Biene an lilafarbener Blüte

Unser 1x1 für Bienenschutz und Artenviefalt

Mehr erfahren

Insekten benötigen in ihrem Lebensraum auch Abwechslung von bewachsenen Flächen und Brachen. Das hat eine Vielzahl von Gründen: Zum einen haben Insekten in ihren einzelnen Entwicklungsstufen von ihrer Zeit im Ei bis zur Imago unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum. Zum anderen sind vielfältige Lebensräume aber auch eine Möglichkeit, Temperaturschwankungen auszugleichen. Viele Insekten ziehen sich an heißen Tagen in den kühlenden Schatten von dicht bewachsenen Wiesen zurück oder weichen an Nordhänge von Hügeln aus. Ist es ihnen jedoch zu kühl, suchen sie an wenig bewachsenen oder nach Süden gerichteten Flächen einen sonnigen Platz.

Für eine artenreiche Landschaft spielt außerdem die Größe des Lebensraumes eine wichtige Rolle. Mögen Insekten auch noch so klein sein - oft haben sie dennoch hohe Raumansprüche, auch aufgrund der Vielfalt, die für sie von so großer Bedeutung ist. Im besten Fall sind diese Lebensräume dann auch nicht zu sehr von Straßen durchtrennt, da die oft ein schier unüberwindbares Hindernis für flugunfähige Insekten darstellen.

Es zeigt sich also: Auch wenn Insekten oft recht anspruchslos erscheinen, haben sie doch gewisse Anforderungen an ihren Lebensraum. Diese kann und sollte jeder von uns berücksichtigen - sei es in der Landwirtschaft oder im Privatgarten. Zum Glück gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich für Artenreichtum und damit das Wohlergehen unserer Insekten einzusetzen. Wie genau diese aussehen und welche sich in Deinen Alltag integrieren lassen, erfährst Du in unserem 1x1 für Bienenschutz und Artenvielfalt.

Strukturelle Veränderungen für Insekten - jetzt ist die Politik gefragt

Während jeder von uns eine wichtige Rolle im Kampf gegen das Insektensterben hat, liegt es an der Politik, die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Landwirtschaft zu setzen. Es müssen Anreize geschaffen werden, Felder und Äcker so zu gestalten, dass die Artenvielfalt gefördert wird - derzeit ist das für viele Landwirte nicht rentabel oder mit vielen Hürden verbunden. Zu konkreten Maßnahmen, die vor allem die Politik zu verantworten hat, gehört beispielsweise die Beschränkung von einzusetzenden Chemikalien, seien es nun Pestizide oder Düngemittel. 
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Zwar liegt noch ein weiter Weg vor uns, aber das Thema ist spätestens mit dem Volksbegehren Artenvielfalt in der Politik angekommen und erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. Besonders bei der Förderung von Streuobstwiesen und der Spätmahden sind bereits Erfolge zu verzeichnen. 

Demonstration gegen Klimawandel

Engagement des Einzelnen

Engagement des Einzelnen

Mehr erfahren

So wirkst Du dem Insektensterben entgegen

So dramatisch das Insektensterben auch sein mag: Noch ist nicht alles verloren und jeder von uns kann seinen Beitrag leisten. Zwar kannst Du nicht im Alleingang die Welt retten, aber jede Maßnahme zählt! Mit dem Kauf von Honig von Nebenan kannst Du beispielsweise die regionale Imkerei unterstützen: Auf diese Weise sorgst Du dafür, dass Bienenhalter weiter ihrer wertvollen Tätigkeit nachgehen können. Doch auch Dein eigener Garten oder Balkon sind gute Ansatzpunkte. Hier kannst Du kleine Oasen schaffen, in denen unterschiedliche Insektenarten einen Zufluchtsort finden - fern von Pestiziden und Monokulturen. Also: Packen wir's an!