Rettet die Bienen

Zwei Jahre Volksbegehren Artenvielfalt in Bayern

Biene an der Blüte vom Klee

Am 17. Juli 2021 jährte sich die Gesetzesänderung im Rahmen des Volksbegehren Artenvielfalt durch den bayerischen Landtag zum zweiten Mal. Unter dem Motto “Rettet die Bienen!” verzeichneten die Initiatoren damals große Erfolge. Lange Schlangen vor den Rathäusern und eine Vielzahl an Unterschriften zeigten den großen Zuspruch in der Bevölkerung. Heute - zwei Jahre nach dem bedeutenden Erfolg für den Insektenschutz - stellt sich natürlich die Frage: Was hat sich getan?

Forderungen des Volksbegehren Artenvielfalt

Zum Schutz der Artenvielfalt setzte sich das Volksbegehren “Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern” ehrgeizige Ziele. Eine der Kernforderungen war dabei der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft. Aufgrund hoher Pestizidbelastung, Monokulturen und Flächenfraß vernichtet die konventionelle Landwirtschaft den Lebensraum zahlreicher Insekten, darunter auch viele Wildbienenarten. 
Für weitere Probleme sorgt die zunehmende Bebauung von Grünflächen: Siedlungen und Straßen zerstören Biotopverbünde. Den Tieren dort bleiben nur noch einzelne Inseln als Lebensraum - zum Fortbestand einer Art sind diese allerdings kaum ausreichend. Durch Hindernisse und große Entfernungen wird der genetische Austausch verhindert, was wiederum Inzucht und Krankheiten zur Folge hat. Deshalb einigte man sich 2019 auf die Wiederherstellung des natürlichen Biotopverbunds.

Eine Neuerung im bayerischen Gesetz sollte auch die Ausweisung von mehr Gewässerrandstreifen bringen. Hintergrund davon ist, dass Gewässer in der Nähe von Feldern in Bayern bisher kaum vor Düngemittel- oder Pestizideinträgen geschützt wurden. Aus diesem Grund wurde 2019 gefordert, dass zukünftig keine landwirtschaftliche Nutzung innerhalb der ersten fünf Meter von der Uferlinie entfernt stattfinden solle. Gleichzeitig mit dem Gewässerrandstreifen wollte man eine Menge neuer landschaftlicher Strukturelemente wie Streuobstwiesen, Feldgehölze und Hecken schaffen, die den Insekten einen Teil ihres Lebenstraums zurückgeben sollten.
Die Schaffung von mehr Blühwiesen in Bayern war ebenfalls ein Ziel des Volksbegehrens. Umgesetzt werden sollte es durch die Umwandlung von zehn Prozent aller freien Naturflächen in Blühwiesen werden. Die Initiatoren setzten sich außerdem für eine spätere Mahd ein, die dem Schutz der Wiesenbewohner dienen sollte. So zerstört eine zu frühe Mahd nicht nur den Lebensraum der dort lebenden Insekten, sondern obendrein wichtige Nahrungsquellen.

Widersprüche beim Ausbau der ökologischen Landwirtschaft

Heute macht sich bei den Initiatoren Enttäuschung breit. In einigen Punkten zeigen sich auch zwei Jahre nach dem Volksbegehren wenige Fortschritte. Besonders beim Ausbau der ökologischen Landwirtschaft gibt es auf staatlicher Seite noch viel zu tun: Während in der Bevölkerung der Konsum von Bio-Produkten in den letzten Jahre anstieg, besteht in den staatlichen Kantinen weiterhin Handlungsbedarf. Obwohl diese eigentlich als Vorbild vorangehen sollten, finden sich auf deren Speiseplänen kaum Bio-Lebensmittel. Für die angestrebte Erhöhung des ökologischen Landbaus ist das nicht gerade förderlich. Denn um mehr Landwirte für eine Umstellung ihres Betriebes zu motivieren, muss natürlich auch die Nachfrage stimmen. Auch das staatliche Förderungsprogramm für vielfältige Fruchtfolgen mit Blühpflanzen ist voller Widersprüche: Biolandwirte werden davon ausgeschlossen. Ein Unding, wenn man bedenkt, dass gerade sie einen erheblichen Beitrag zum Erreichen der Zielvorgaben leisten.

Für mehr Transparenz bei der Biotopbewertung

Auch beim Ausbau des Biotopverbunds herrscht Verwirrung: Die Daten des Statusberichts vom April 2021 sind veraltet und basieren teilweise auf Daten von 2019. Weiterhin unklar ist, welche Flächen in die Berechnung überhaupt miteinbezogen werden. Denn die fachlichen Kriterien, die ein Biotop erfüllen muss, kommen in den Berichten der Staatsregierung oftmals zu kurz. Doch die sind dringend nötig, insbesondere da sich nicht alle Arten an Grünflächen für den Biotopverbund eignen. Straßenbegleitende Blühflächen stellen beispielsweise häufig eine Gefahr für Insekten dar und sind daher kein geeigneter Lebensraum. Ein weiterer Mangel ist die fehlende Kartierung: Es ist nicht ersichtlich, wo sich Biotopflächen befinden und ob diese ein zusammenhängendes Netz an Lebensräumen für Insekten bilden.

Zwei Bäume auf blühender Streuobstwiese

Erfolge beim Vertragsnaturschutz

Erwähnenswerte Erfolge zeichnen sich beim Vertragsnaturschutzprogramm ab. Damit ökologisch wertvolle Lebensräume wie Wiesen, Weiden oder Teiche für die Artenvielfalt erhalten oder verbessert werden können, werden freiwillige Leistungen bei der Bewirtschaftung dieser Flächen honoriert. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Streuobstwiesen: Sie bieten reichlich Lebensraum für heimische Tiere und Insekten und zählen zu den artenreichsten Lebensräumen - für deren Erhalt erhöhte die Regierung im Rahmen des Vertragsnaturschutzes sogar die Vertragsnaturschutz-Prämien für Streuobstwiesen und den Fördersatz für deren Anlage und Pflege.  Aus einem Kabinettsbeschluss Ende Juli 2021 geht zudem hervor, dass die Regierung bis 2035 eine Million neue Streuobstbäume pflanzen will. Dadurch würde sich die Fläche der Streuobstwiesen in Bayern um ganze 12.000 Hektar vergrößern. Einen entsprechenden Streuobstpakt will der bayerische Ministerpräsident Markus Söder zusammen mit den Umwelt- und Naturschutzverbänden nach der Sommerpause schließen.

Auch bei den Spätmahden sind Erfolge zu erkennen. Durch diese Form der Bewirtschaftung sollen bodenbrütende Vögel, Wiesenbewohner und die wichtigen Nahrungsquellen der Insekten geschützt werden. Im Rahmes des Vertragsnaturschutzprogrammes kamen 2021 bei den Spätmahdflächen mehr als 6.500 Hektar blühende, insektenreiche Wiesen hinzu. Obwohl das große Ziel, die Spätmahdflächen auf Bayerns Grünland um zehn Prozent zu steigern, noch immer in weiter Ferne liegt - ein erster Schritt in die richtige Richtung ist hier immerhin zu erkennen. Betrachtet man das Gesamtbild, so stieg der Anteil der naturverträglich bewirtschafteten Flächen im Vergleich zum Vorjahr um ganze 15.000 Hektar an.

Gesetzliche Vorschrift zum Gewässerrandstreifen

Was in anderen Bundesländern schon längst Pflicht ist, ist nun auch in Bayern gesetzlich verankert. Die Einhaltung des Gewässerrandstreifens ist dank des Volksbegehrens bereits seit dem 1. August 2019 nicht mehr freiwillig, sondern gesetzliche Vorschrift. Auf einem 5 m breiten Randstreifen entlang von Gewässern darf keine landwirtschaftliche Nutzung mehr erfolgen - und die Einhaltung dieser Vorgabe wird von den Behörden streng kontrolliert. 
Von den Bauernverbänden und auch dem bayerischen Landwirtschaftsministerium wurde dieses Thema kontrovers diskutiert. Es bestand die Befürchtung, dass durch die gesetzliche Verpflichtung die bisherigen Fördermöglichkeiten wegfallen würden. Doch dieser Fall ist nicht eingetreten und die Landwirte erhalten von der EU in den kommenden Jahren eine Förderung in Höhe von 500 € pro Hektar, die sie für den Randstreifen zur Verfügung stellen.
Die Gewässerrandstreifen zählen zu wichtigen Strukturelementen der Natur. Sie eignen sich nicht nur als Pufferzone für Stickstoff- und Pestizideinträge, sondern geben auch zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Zudem leisten sie einen Beitrag zum Hochwasserschutz und kommen zu guter Letzt auch dem geplanten Biotopverbund zu Gute.

Ein Himmel voller Bienen

Einen Himmel voller Bienen - den wollen wir auch in vielen Jahren noch sehen. Neben dem kollektiven Engagement im Rahmen des Volksbegehrens kann auch jeder Einzelne seinen Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt leisten. Der Film “Ein Himmel voller Bienen” zeigt eindrucksvoll Portraits verschiedener Personen, die sich privat oder politisch für den Artenschutz engagieren. Inspiriert vom Volksbegehren wurde dieser als Crowdfunding Projekt ins Leben gerufen und erscheint nun auch bald in unseren Kinos.

Fliegende Bienen am Himmel

Und auch Du kannst einiges davon lernen. Das Volksbegehren endet nicht mit der Abgabe Deiner Stimme und dem Warten auf politische Entscheidungen und Regelungen. Veränderung fängt schon im Kleinen an und jeder Einzelne von uns kann einen Beitrag leisten, um sich für das Wohl und den Erhalt unserer Natur einzusetzen. Aller Anfang mag schwer sein, doch wer einmal damit angefangen hat, wird nahezu überall Möglichkeiten entdecken! Kleinere oder größere Veränderungen, Zuhause oder beim Einkaufen, alleine oder in einer Gemeinschaft, umsonst oder mit finanziellem Einsatz - es gibt zahlreiche Wege, dem Bienen- und Artensterben entgegenzuwirken. Schon mit dem Kauf von regionalem Honig kannst Du die leidenschaftlichen Hobbyimker in Deiner Nachbarschaft unterstützen, die einen so wertvollen Beitrag zum Erhalt unserer Artenvielfalt leisten, indem sie sich liebevoll um die Honigbiene kümmern. Oder sorge für reichlich Bienenfutter: Wähle selbst passende Pflanzen aus oder nutze praktische Saatgutmischungen, die auf das Wohl der summenden Insekten abgestimmt sind. Artenschutz kann auch richtig Spaß machen: werde Pate für ein ganze Bienenvolk oder adoptiere eine Biene - und bekomme spannende Einblicke in den Alltag Deiner fleißigen Honigsammlerinnen.

Zwei Bienen auf einer Hand

So kannst auch Du Dich engagieren

Jetzt Bienen retten

Ein Beitrag von Sarah von nearBees
vom 28.07.2021