Die kalte Jahreszeit und das Leben der Insekten

Überwinterung bei den Hautflüglern

Beuten im Winter

Hautflügler sind mit 8.900 Vertretern in Deutschland eine der artenreichsten Insektengruppen. Wie der Name erahnen lässt, haben die Tiere zwei dünne, häutige Flügelpaare. Die meist kleineren Hinterflügel bilden während des Fluges mit den Vorderflügeln eine Einheit, indem sie sich ineinander einhaken. Die Flügelstruktur ist fast eben, da die konkaven Adern bei den Hautflüglern beinahe vollständig zurückgegangen sind. 
Die bekanntesten Vertreter der Insektengruppe hierzulande sind Bienen, Wespen und Ameisen. Wenn der Sommer mit seinen bunten Blüten allerorts in vollem Gange ist, sieht man die kleinen Insekten pausenlos durch die Luft schwirren. Im Herbst hingegen sind sie nur noch sehr selten zu sehen und im Winter sind sie wie vom Erdboden verschluckt. Was machen Hautflügler, wenn es draußen kalt wird? Sie überwintern bis zum nächsten Frühling - jede Art tut dies auf ihre eigene Weise. 

Was ist eigentlich Überwinterung?

Viele Tiere haben Mechanismen entwickelt, um die Wintermonate zu überstehen - die Überwinterung. In diesem Zustand können Pflanzen und Tiere mit teils schlechten Anpassungsfähigkeiten ungünstige oder tiefe Temperaturen (wie den Winter) überdauern. Beispielsweise machen sich Vögel auf den Weg in den Süden, manche Säugetiere wie Fledermäuse oder Igel halten Winterschlaf und Insekten bereiten sich auf eine Art Ruhezustand vor.  

Winterlandschaft

Hornisse an einem Baum

Wespen und Hornissen - Überwinterung allein

Während Wespen im Sommer mit bis zu 4.000 Artgenossen in einem Nest zusammenleben, kommen Hornissen gerade mal auf eine Volksstärke von 600 Tieren. Im Winter stehen die Stöcke der Insekten leer, da sie in der kalten Jahreszeit sterben - die Jungköniginnen aus der letzten Brutgeneration sind die einzigen Überlebenden. Sie suchen sich einen halbwegs warmen Platz, z.B. in Baumrinden, bleiben den Winter über dort und fangen dann im Frühjahr an, Eier zu legen und ein neues Nest aufzubauen. Für dieses sammelt die Königin zunächst alleine Holzfragmente, die sie einspeichelt, um eine papierartige Struktur herzustellen. Wächst das Volk im Laufe des Frühjahrs dann langsam an, bekommt sie immer mehr Hilfe.

Als Puppe durch den Winter

Die Überwinterung der Wildbienen unterscheidet sich von der der Wespen und Hornissen. Bei ihnen legen die Weibchen bereits in ihren aktiven Monaten im Frühling, Sommer oder Herbst ihre Eier in Brutzellen und sammeln ausreichend Nahrung für ihre Nachkommen. Die letzte Brutgeneration überwintert dann in den Brutzellen, als vollentwickelte Bienenpuppe (Imago). Da sie meist als Einzelgänger leben, bilden sie im Frühjahr kein Volk. 
Hummeln, die ebenfalls zu den Wildbienen zählen, stellen eine Ausnahme dar und haben sich im Laufe des Jahres zu einem Volk aus bis zu 100 Tieren entwickelt. Im Herbst stirbt dieses zum Großteil - die begatteten Jungköniginnen sind die einzigen Überlebenden. Bis sie im Frühjahr ein neues Volk gründen, suchen sie sich ein unterirdisches Winterquartier. Mit einer vollen Nektarblase graben sich an einem schattigen Platz bis zu 30 cm tief in die Erde und fallen in eine Art Starre. Das besondere bei den Hummeln ist die Produktion eines eigenen Frostschutzmittels, das sie sogar für Temperaturen von -19°C wappnet. In ihrem Blut findet sich der Zuckeralkohol Glycerin, der das Einfrieren der Körpersäfte verhindert.

Honigbienen - Kuscheln im Winter

Honigbienen haben eine ganz besondere Art, durch den Winter zu kommen. Sie leben in einem hoch-sozialen Staat, in dem das gesamte Volk zusammen überwintert und überlebt. Bereits im Herbst befinden sich weniger Bienen im Stock als im Frühjahr und Sommer, da die Drohnen im August aus dem Stock verbannt wurden, um wertvolle Ressourcen einzusparen. Sobald die Außentemperaturen unter 10°C fallen, bilden die Winterbienen eine Art Kugel um ihre Königin herum: die sogenannte Wintertraube. In ihr herrschen Temperaturen von bis zu 35°C. Die Arbeiterinnen erzeugen dafür durch Muskelzittern Wärme - ihre Flügel bewegen sich dabei nicht. Innerhalb dieser Traube tauschen die Bienen ihre Positionen untereinander, damit auch die Tiere in der kühleren Außenschicht gewärmt werden. 

Bienentraube

Da die Bienen für die Überwinterung viel Energie brauchen, bilden sie ihre Wintertraube in der Nähe der Honigwaben, um schneller an ihre Nahrung zu gelangen. Sie fahren ihren Stoffwechsel deutlich herunter und setzen keinen Kot ab, um den Stock nicht zu verunreinigen. Wenn dem Bienenvolk nicht genügend Nahrung zur Verfügung steht, kann ihr Imker seine Bienen mit Zuckerwasser einfüttern. 
Läuten die ersten Sonnenstrahlen den Frühling ein, fliegen die Insekten zum ersten Mal im Bienenjahr für ihren Reinigungsflug nach draußen.

Ameisen: Winter unter der Erde

Ameisen sind Honigbienen in einigen Punkten sehr ähnlich: Sie leben ebenfalls in einer großen Gemeinschaft zusammen und überwintern auch als solche. Der Großteil der Ameisen zieht sich in die Tiefe ihres Baus zurück und verteilt sich um die Königin herum. Der andere Teil besetzt einen Vorposten, knapp unter der Frostgrenze, von dem sie den Temperaturanstieg im Frühjahr bemerken und das Volk aufwecken können. Der Stoffwechsel der Tiere fährt sich weitestgehend zurück, sodass sie in der Überwinterungszeit keine Nahrung brauchen. Nach dem Winter fängt dann das arbeitsreiche Leben der Ameisen wieder an und auch die anderen Hautflügler erwachen wieder aus ihrer Winterpause.

Ameise im Winter

Lauernde Gefahren im Winter

Die Überwinterung ist ein wichtiger Lebensabschnitt der Tiere, um den Artbestand der Insekten zu sichern. Immer häufiger haben Hautflügler Probleme, passende Winterquartiere zu finden. Von den solitären Wildbienen schaffen es meist nur 25-30 Prozent und von den Hummeln sogar nur zehn Prozent der Jungköniginnen, bis zum Frühjahr zu überleben. Problematisch wirken sich auch schlechte Witterungseinflüsse, z. B. Temperaturschwankungen und damit einhergehende Überschwemmungen aus. Aber auch Fressfeinde und Parasiten können zum Problem werden. Honigbienen werden beispielsweise oftmals von Varroamilben befallen, die das Volk schwächen und auch die Brut schädigen. 
Es gibt aber Möglichkeiten für jeden Einzelnen, den Hautflüglern das Überwintern zu erleichtern. Eine Option ist das Aufstellen von Insektenhotels, in die Wildbienenweibchen ihre Eier legen können. Die besetzten Röhrchen sollten nicht ausgetauscht werden, da in ihnen die Bienen überwintern. Die einfachste Methode zur Unterstützung der Hautflügler besteht darin, nicht alles abzumähen und auch alte Bäume und Hecken zu schützen, um so Hautflüglern Unterschlupf zu bieten. So können die Insekten überwintern und auch im nächsten Jahr wieder fleißig Blüten bestäuben. 

bienenfreundliche Gartengestaltung

Bienenfreundlichen Gartengestaltung 

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Ein Beitrag von Lena von nearBees
vom 11.01.2022