Süße Fracht aus Rio

Von Honig und Weltmeistern

Honigeimer

Wir Deutschen lieben Honig. Durchschnittlich 1,3 Kg der süßen Verführung vertilgen wir pro Kopf binnen eines Jahres – in Tees, Salatsaucen, beim Backen oder auf unseren Butterbroten. Mittlerweile sind wir nicht nur Weltmeister im Fußball sondern auch im Verzehr von Honig! Doch war das schon immer so?
Der Honigtest der Stiftung Wahrentest von 1967 zieht ein Resümee. Wir waren nicht Weltmeister im Fußball und aßen auch weniger Honig (nur 0,9 kg pro Kopf und Jahr). Doch die Leidenschaft für Fußball und das süße Gold scheint tief verankert. Schon seit Menschengedenken essen wir Honig. Bereits Hippokrates, der berühmte Arzt der Antike, wusste um die heilende Wirkung von Honig. Diese Wirkungsweisen wurde jedoch in den sechziger Jahren von vielen Wissenschaftlern in Frage gestellt und dass, obwohl bereits unsere Omas Honig in warmer Milch als Hausmittel gegen Erkältungsbeschwerden verabreichten. Als gesundheitsfördernde Wirkstoffe im Honig zählen vor allem Fermente und Inhibine. Der Wahrentest untersuchte Honige deshalb nach Geschmack und chemisch-physikalischen Befunden. Denn selbst wenn ein Honig einen guten Geruch und Geschmack vorweisen kann, ist es möglich, dass sein biologischer Wert gemindert ist.

Doch woher kam eigentlich unser Honig?

Geändert hat sich nichts – aus Ländern wie Brasilien, Mexiko, China oder den USA. Doch genau diese langen Transportwege sind problematisch. Kristallisiert unser Honig auf dem Weg zu großen deutschen Abfüllern, muss man ihn mit aufwendigen technischen Mitteln wieder verflüssigen. Dafür erwärmen die Importeure ihren Honig, der bei Transport und Weiterverarbeitung wertvolle gesundheitsfördernde Wirkstoffe verliert. Denn diese zerfallen bereits bei Temperaturen über 40° Celsius. Auch war man früher der Annahme, dass Bienen in wärmeren Klimaregionen mehr und länger Honig sammeln können und diesen deshalb im Vergleich zu ihren europäischen Verwandten weniger gründlich verarbeiten müssen. Wegen diesen unnötigen Einflussfaktoren behaupteten deutsche Imker stets, dass einheimischer Honig qualitativ besser sei als importierter Honig aus weit entfernten Ländern. Besonders große Honigabfüller können während ihres Arbeitsprozesses die Eigenschaften unseres süßen Goldes genau auf uns abstimmen und anpassen. Individuell mischen sie Honig nach Geschmack, Farbe und Geruch zu einem zwar wohlschmeckenden Naturprodukt, jedoch bleiben die Inhaltsstoffe des Honigs dabei meist auf der Strecke.
Im Prüfbericht von 1967 wurden alle Honige auf Festigkeit, Farbe, Wassergehalt, HMF-Wert (Rückschlüsse auf Hitzeeinwirkungen), chemische Kennzahlen (Freie Säuren, Inhibine, Fermente, PH-Wert), Mikroskopische Prüfung (Pollenabbild für exakte Herkunftsbestimmung) und Sensorik (Geschmack und Geruch) getestet. Dabei sollten biologisch sehr wertvolle Honige in den Rubriken Invertase mindestens eine Zahl von 60 und bei Diastase mindestens 25 Einheiten vorweisen. Von den großen Honigabfüllern wie „Langnese Bienenhonig“, „REWE Honig“ oder „Edeka Blütenhonig“ fielen dabei nicht alle durch. Geschmacklich konnten sie durchaus mit den inländisch produzierten Honigen mithalten, doch wiesen sie einen geringeren biologischen Wert auf, als echter Honig aus Deutschland.
Vergleichen wir, unter Berücksichtigung der Kaufkraft, die Preise der Honige von 1967 mit heutigen Honigpreisen, kommen wir zu einer faszinierenden Erkenntnis. Der Honigpreis ist bei allen großen Supermarktketten stark rückläufig. Kostete ein 500g Glas REWE-Honig 1967 umgerechnet 2,50 Mark (was einer heutigen Kaufkraft von 4,70 € entspräche), so findet man die REWE Hausmarke JA! für läppische 2,20 € im Sortiment. Bei vielen anderen Hausmarken von Edeka oder Langnese verhält es sich ähnlich. Lediglich der Preis für heimischen Honig hat sich den gegebenen finanziellen Veränderungen angepasst – und das zu Recht!
Imker leisten mit ihrer Arbeit einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft und sollten von uns als Honigweltmeister entsprechend entlohnt werden und Wertschätzung erfahren. Wir Deutschen sind wahre Experten, wenn es um Honig geht, das steht außer Frage. Schon damals wussten wir um den einmaligen Geschmack der verschiedenen Sorten. Wenigstens auf diesem Gebiet hat sich nichts geändert. Wir sind immer noch Experten in Honigsorten und Fußball – und das erfolgreicher denn je.

Ein Beitrag von Michael von nearBees
vom 13.01.2015