Die Honigtopfameise in Australien

Mit Bienen um die Welt

Ameise auf einer Hand

Honig ist seit jeher ein begehrtes Gut: Schon Höhlenmalereien, die auf die Zeit zwischen 10.000 und 6.000 v. Chr. datiert werden, zeigen wie Steinzeitmenschen ein Bienennest ausrauben, um an den süßen Honig zu kommen. Mit der Sesshaftwerdung der Menschen entwickelte sich auch die Bienenhaltung, die für beide Seiten Vorteile mit sich brachte: Während die Biene Schutz und Pflege erhielt, kam der Mensch im Gegenzug einfacher an den leckeren Honig. 
Über die Zeit hinweg haben sich unter den verschiedensten natürlichen Gegebenheiten und kulturellen Hintergründen einzigartige Imkereipraktiken entwickelt, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Wie wird Bienenhaltung also in anderen Ländern betrieben? Altbewährte Imkerraditionen, neue Trends bei der Bienenhaltung, spannende Kuriositäten oder sogar lebensgefährliche Honigernten - wir nehmen Dich mit auf eine spannende Reise rund um die Welt. Heute: Australien.

Länderfakt

In Australien sind Honigtopfameisen eine Delikatesse.

Steckbrief

Land: Australien
Region: Alice Springs
Klima: arid, heiß
Heimische Honigbiene: Westliche Honigbiene (Apis mellifera)
“Biene” der Aborigines: Honigtopfameise (Melophorus bagoti)
Trachtpflanze der Honigtopfameise: Mulga-Baum (Acacia aneura)
“Biene” in der Landessprache: bee
“Honig” in der Landessprache: honey

Sonnenaufgang in Australien

Die Rote Wüste Australiens

Mitten im roten Herzen Australiens liegt die Stadt Alice Springs, die das geographische Zentrum des Kontinents bildet. Umgeben vom charakteristischen roten Sand und karger Felslandschaft gleicht die Stadt in der Wüste einer Einöde. Größere Metropolen wie Darwin oder Adelaide liegen rund 1.300 km entfernt. Bevor westliche Siedler die Region entdeckten, wurde das Gebiet um Alice Springs von indigenen Völkern, den Aborigines, bewohnt und war unter dem Namen Mparntwe bekannt. Über alle Strapazen hinweg gaben die Aborigines ihre Kultur von Generation zu Generation weiter und bewahrten sie so bis heute. 

Ameisen in Australien

Ähnlich wie bei einem Honigbienenvolk existiert auch im Ameisenstaat eine strikte Arbeitsteilung: Die Arbeiterinnen sammeln die süße Flüssigkeit ein und geben sie an eine Vorratsameise ab, die den Honigtau in ihrem dehnbaren Hinterleib speichert. So gewährleistet sie auch in in Dürreperioden die Nahrungsversorgung ihres Staates. Ist die Fütterung vollendet, hängt die Vorratsameise, bewegungsunfähig durch ihren aufgeblähten Hinterleib, an der Decke des unterirdischen Nests. Dort wird sie von ihren Schwestern gereinigt und versorgt. Bekommt eine Ameise Hunger, so reibt sie ihre Antennen an die des “lebendigen Honigtopfes” und erhält die zuckerhaltige Flüssigkeit durch Mund-zu-Mund-Übertragung weitergereicht.

Ameisen an ihrem Bau

Die Honigtopfameise als “Biene” des australischen Outbacks 

Ein ganz besonderes Tier für die Ureinwohner Australiens ist die Honigtopfameise, die schon seit vielen Jahren als Delikatesse im Outback gilt. Anders als die Honigbiene benötigt die Ameise zum Überleben weder Pollen noch Nektar: Ihre Nahrung besteht nicht nur aus Pflanzensäften und Honigtau, sie ernährt sich auch von anderen Insekten, sodass sie in kargen Gebieten bestens zurechtkommt. Besonders angetan hat es ihr aber der rubinrote Honigtau des Mulga-Baums. Die dornenlose Akazie, die in Wüstengebieten gedeiht, beherbergt jede Menge Zikaden, die sich von ihrem Saft der Akazie ernähren und dabei einen zuckersüßen Honigtau produzieren. Der strömt dann an den Ästen des Mulga-Baums entlang, sodass die Honigtopfameise den Honigtau nur noch einsammeln muss.  

Süße Wüstenspeise: Die Ernte von Honigtopfameisen

Nicht nur für die Ameisenkolonie selbst, sondern auch für die Aborigines sind die mit Honigtau gefüllten Hinterleiber der Ameise unwiderstehlich. Ähnlich wie der Honigbiene findet auch bei der Honigtopfameise eine “Honigernte” statt. Dazu muss so ein Ameisenstaat aber erstmal aufgespürt werden - und der befindet sich unterhalb der Erde. Hier sind die umfassenden Naturkenntnisse des indigenen Volkes gefragt. Tagsüber ist die Ameise nur selten anzutreffen, denn aufgrund der heißen Temperaturen verlässt sie erst in der Dämmerung verlässt sie ihr Versteck. Was die Ureinwohner wissen: Ameisensäure hinterlässt Spuren. Dank Verfärbungen im Sand machen sie die unterirdischen Tunnel des Insektes schnell ausfindig. Wurde ein Nest entdeckt, so wird mit einem langen Stock oder einer Schaufel ein tiefes Loch in den Boden gegraben. Das ist eine anstrengende Arbeit, denn die Temperaturen im australischen Outback überschreiten häufig die 50°C-Marke.
Die mühsame Suche hat ein Ende, sobald die die Vorratskammer entdeckt wird. Die gesamte Ameisen-Vorratskammer wird natürlich nicht geplündert, aber je nach Größe werden bis zu 100 der mit Honigtau gefüllten Ameisen entnommen. Die ein oder andere Honigtopfameise wird dabei auch sofort genascht. Dazu wird einfach der Hinterleib aufgebissen und schon kommt der oder die Glückliche an die süße Delikatesse.

Ein Beitrag von Sarah von nearBees
vom 06.09.2022
aus der Serie „Mit Bienen um die Welt“